von Arnela
Unsere Interessen werden in Nullen und Einsen erfasst und durch Algorithmen in digitalen Echokammern wieder an uns ausgespielt. Wir fühlen uns sicher, sind in unserer Meinung bestätigt und werden beeinflusst, ohne es zu merken.
Um eine politische Meinung zu bilden, brauchen wir Wissen über aktuelle Themen und Orte, um uns mit anderen auszutauschen. Mit der Digitalisierung und Verbreitung von sozialen Medien bildet das Internet eine gute Grundlage für diesen Austausch, bringt aber auch die Gefahr von Polarisierung und Zersplitterung in unserer Gesellschaft mit sich. Vielleicht habt ihr euch auch schon einmal gefragt, warum eure for you page anders als die eurer Freunde aussieht? Das kann daran liegen, dass ihr euch in eurer eigenen Bubble befindet.
Was sind Filterblasen überhaupt?
Filterblasen, wie der Name bereits andeuten lässt, filtern Inhalte.
Diese Filterung kann entweder durch eine Plattform direkt passieren oder auch indirekt durch eigene Entscheidungen. Beispielsweise weil man sich nur einseitig informiert und mit Menschen umgibt, die die gleichen Ansichten haben. Im digitalen Feed werden nur Inhalte, die mit der eigenen Meinung konform sind, basierend auf dem erkannten Nutzerverhalten für die Nutzer*innen ausgesucht und wiedergegeben. Dadurch entstehen geschlossene Gruppierungen wie eine Art Blase, die die gefilterten Inhalte bündelt und die Nutzer*innen abgeschirmt lässt.
Doch wie entstehen Filterblasen?

Filterblasen entstehen im Netz meist durch Algorithmen, die Content für uns auswählen. Algorithmen können je nach sozialem Netzwerk unterschiedlich funktionieren. Beispielsweise nutzt Google verschiedene Kriterien wie Aktualität, Popularität und Relevanz, um Suchergebnisse zu personalisieren. Facebook berücksichtigt neben der Aktualität auch Interaktionen und individuelle Nutzerpräferenzen, um den Newsfeed zu gestalten.[1] Kurz gesagt wird an Daten und der Auswertung dieser entschieden, was wir zu sehen bekommen.
Die Rolle der Sozialen Medien

Online ist es sehr einfach Informationen abzurufen, da diese meist nur eine Suche weit entfernt sind. Anders als bei den traditionellen Medien gibt es die Möglichkeit, mit anderen Nutzern*innen in Kontakt zu treten, was eine direkte Kommunikation und einen Meinungsaustausch ermöglicht. So sind zum Beispiel auch Politiker*innen und Parteien, mitsamt blauen Haken und großer Followerzahl, auf den sozialen Netzwerken mit eigenen Profilen vertreten.
Hierbei finden sich nicht nur die Wahlprogramme online, sondern auch Versuche, neue Wähler*innen über virale Trends und Memes zu gewinnen. Dies liegt daran, dass bereits beliebte Inhalte mehr Aufmerksamkeit und Klicks erhalten. Selbst unser Bundeskanzler Olaf Scholz (@olafscholz) rief auf der Plattform Instagram dazu auf, als er durch einen Sturz im September 2023 eine Augenklappe tragen musste, darüber Memes zu erstellen und ist auch anderweitig regelmäßig aktiv auf auf der Plattform.[2]
Doch nicht nur harmlose Trends werden so von Politikern*innen, oder auch anderen regulären Nutzern*innen, ausgenutzt. Politische und tagesaktuelle Geschehnisse in der Welt werden oft von radikalen Gruppierungen, gerne als Mittel zum Zweck verwendet, um ihre eigenen Botschaften und Ideologien zu verbreiten, auch wenn sie thematisch nicht direkt damit zu tun haben.
Anfang des Jahres konnte so eine Unterwanderung während des Streiks der Landwirte beobachtet werden. Hierbei nutzten Rechtsextremist*innen die Proteste der Bauern für ihre eigene politische Agenda.[3] Inhalte zu diesen Protesten wurden auch vermehrt online geteilt. Das liegt daran, dass die extrem polarisierenden Inhalte mehr Interaktionen bekommen und so den Algorithmen signalisieren, diese vermehrt auszuspielen. So gelang es auch dem Account @afd.demo.community mehr als 140.000 Menschen zu erreichen mit solch einem TikTok. Das Video zeigt eine angebliche AFD Demo vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Wie sich später jedoch zeigte, wurden die Aufnahmen während der Bauernproteste aufgenommen und unter falschem Kontext veröffentlicht.[4]
Da solche TikToks oder Postings auch ohne Quellen und Überprüfung vermehrt als wahr aufgefasst werden können, scheint die Grenze zwischen Medien-Wahrheit und Realität zu verschwimmen.
Sind Filterblasen Treiber der Radikalisierung im Netz?
Es werden also vermehrt Fake News verbreitet, Gruppierungen gleichgesinnter entstehen und die Meinungsbildung findet anhand einseitiger Informationen statt. Es könnte also im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass Filterblasen diese Probleme verstärken, wenn nicht sogar verursachen.
Doch würde das nicht bedeuten, dass unter Beiträgen nur noch Zustimmung oder einseitige Meinungen zu finden sind? Wer sich schon einmal Kommentarspalten unter politischen Beiträgen angesehen hat, wird wissen, dass dies nicht der Fall ist. Wir sind also nicht allein durch Algorithmen eingeschränkt, sondern können auch über Filterblasen hinaus Inhalte anderer Gruppierungen auswählen und mit diesen interagieren.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine amerikanische Studie, die 2023 veröffentlicht wurde. Diese analysierte anhand von Daten aus 2018 und 2020 die tatsächliche Beeinflussung von Suchalgorithmen auf ihre Nutzer*innen. Insbesondere wurde das Nutzerverhalten anhand der Suchmaschine Google betrachtet. Hierbei zeigte sich, dass die Teilnehmer*innen mehr radikale Inhalte wählten als ursprünglich vom Suchalgorithmus vorgeschlagen.[5]
Zudem sollte nicht vergessen werden, dass es auch bei den traditionellen Medien ein Potential zur Beeinflussung gibt. Dies kann beispielsweise vor allem bei privaten Sendern, die zu einer bestimmten politischen Ausrichtung neigen, der Fall sein. Die Kommunikationswissenschaft hat also noch keine Evidenz, dass Filterblasen allein uns tatsächlich so sehr beeinflussen wie allgemein befürchtet.
Medienkompetenz und Informationsquellen
Auch wenn der Effekt von Filterblasen noch nicht wissenschaftlich belegt ist, sollten wir alle eine gewisse Medienkompetenz anstreben.
Hierbei ist es wichtig, Informationen kritisch zu analysieren und sich bewusst zu werden, dass Inhalte interessengeleitet sein können. Durch die Popularität und Verbreitung KI-generierter Inhalte muss auch hier eine größere Sensibilisierung stattfinden. Insbesondere so lange noch keine ausreichenden rechtlichen Grundlagen existieren, um die Verbreitung von KI-generierten Falschinformationen zu minimieren. Zudem sollte sich jede*r von uns kritisch mit der eigenen Mediennutzung auseinandersetzen.
Aber wie und wo kann ich mich am Besten über Themen informieren? Generell ist ein Blick in die klassischen öffentlich-rechtlichen Medien sinnvoll. Diese versuchen so gut wie möglich eine neutrale Stellung einzunehmen. Auch gibt es Angebote vom Staat oder der Europäischen Union wie der EUvsDisInfo. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, die Falschinformationen erfasst und korrigiert.
Um auch Kinder frühzeitig für dieses Thema zu sensibilisieren, sollte Medienkompetenz vermehrt als Unterrichtsfach an Schulen angeboten werden. So ähnlich plant es bereits auch das Thüringer Bildungsministerium. Nachdem das Pilotprojekt Medienkunde positives Feedback bekam, soll dort ein neues Fach, nämlich Medienbildung und Informatik, an den Oberschulen angeboten werden.[6]
Wie wir gesehen haben, besteht die Möglichkeit, sich in Filterblasen zu verlieren und somit bei der politischen Meinungsbildung beeinflusst zu werden. Wir haben aber auch gesehen, dass wir dem Ganzen entgegenwirken können, da auch wir als Nutzer*innen dafür verantwortlich sind, was wir im Netz zu sehen bekommen und wie wir mit den gezeigten Inhalten umgehen. Darum ist es wichtig, Informationsquellen zu diversifizieren und eine gewisse Medienkompetenz zu entwickeln.
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